BM – Grundlagen der Neurowissenschaften
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aon gmbh – academy of neuroscience
7.1.1
Die schnelle („erste“) Stressreaktion
Die schnelle Stressreaktion wird auch als Sympathicus-Nebennierenmark-Achse (SNA) bezeichnet. Sie
erhöht das allgemeine Erregungsniveau und vermittelt schnelle Reaktionen – Flucht oder Angriff. Die SNA
wird bei akutem Stress aktiviert, wie beispielsweise bei einem Angriff oder durch eine Schrecksituation,
durch Schmerz oder Angst (auch psychische Angst wie vor Prüfungen oder Vorträgen) oder auch auf
Grund extremer physischer Belastung. Die schnelle Stressreaktion kann aber auch durch Situationen
ausgelöst werden, die der Betroffene für durchaus kontrollierbar hält und die er manchmal sogar als
angenehm, als angenehm aufregend empfindet.
Rezeptorzellen schicken ihre Signale zur Großhirnrinde und zum Limbischen System. Dort findet die
Interpretation statt – im Limbischen System wesentlich schneller als in der Hirnrinde. Fällt das Resultat
der Deutung in die Kategorie „Stress“, wird innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde der Locuscoeruleus
aktiviert, ein vergleichsweise kleiner Kern, der sich in der Formatio reticularis befindet und Neuronen
enthält, welche den Neurotransmitter Noradrenalin produzieren. Dieser Kern stimuliert über die
synaptische Ausschüttung von Noradrenalin neben vielen anderen Hirngebieten nun die periventrikuläre
Region des Hypothalamus, durch den wiederum der Sympathicus angeregt wird. Da das sympathische
Nervensystem zahlreiche verschiedene Zielorgane hat, können auch verschiedene Reaktionen ausgelöst
werden, unter anderem die Erweiterung der Pupillen und der Bronchien, die Erhöhung der Herzfrequenz,
die Gluconeogenese (den Umbau von Glycogen in Glucose) in der Leber sowie die Drosselung der
Speichelproduktion und der Peristaltik des Magens. Eine Reaktion ist von besonderer Bedeutung: die
Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin, letzteres diesmal nicht als Transmitter, sondern als
Hormon. Der Nervussympathicus aktiviert nämlich auch das Nebennierenmark, das neben diesen
typischen Stresshormonen auch körper- und hirneigene Opioide (mit „Opiaten“ bezeichnet man die
Derivate des Opium selber, denen die Opioide ähneln)in die Blutbahn ausschüttet. Adrenalin unterstützt
viele der durch den Sympathicus ausgelösten Wirkungen wie die Steigerung der Herzfrequenz,
Erweiterung der Bronchien, Lipolyse und Gluconeogenese (also Abbau und Freisetzung von Fett- und
Glucose-Reserven) und Hemmung der Verdauungstätigkeit. Noradrenalin wirkt vornehmlich aktivierend
auf das Herz-Kreislauf-System, und die Opioide reduzieren die Schmerzempfindlichkeit.
Als Zusammenfassung für die schnelle Stressreaktion kann man folgendes formulieren:
Limbisches System/Cortex
è
Locuscoeruleus
è
Noradrenalin (Transmitter)
è
Sympathicus
è
Nebennierenmark
è
Adrenalin, Noradrenalin (Hormon)
è
K
Die schnelle Stressreaktion versetzt also den Organismus in sehr kurzer Zeit in einen allgemeinen
Alarmzustand.