Grundlagen der Neurowissenschaften - page 58

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BM – Grundlagen der Neurowissenschaften
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aon gmbh – academy of neuroscience
Der Begriff limbisches System klingt nach einer Struktureinheit, ist aber eine aus mehreren ganz
unterschiedlichen Strukturen zusammengesetzte Funktionseinheit. Seine Komponenten liegen oberhalb
des Hirnstamms im Inneren des Großhirns und umgeben den Thalamus. Die Komponenten des
limbischen Systems gehören teils zum Cortex, teils zu subcorticalen Teilen des Endhirns sowie des
restlichen Gehirns. Das System ist an der Regulierung affektiver und motivationaler Verhaltensweisen
beteiligt. Auch Forscher können Humor beweisen, und so ist unter britischen Neurologen die Eselsbrücke
entstanden, nach der das limbische System zuständig sei für die Motivation der vier Fs: „fighting, fleeing,
feeding and sexual behaviour“. Die Auflistung ist zwar nicht vollständig, aber als Gedächtnisstütze doch
sehr hilfreich. Seine Hauptkomponenten sind der Hypothalamus samt Hypophyse, die Mammillarkörper,
das Septum, die Amygdala, der Nucleus accumbens, das ventrale tegmentale Areal, die Formatio
reticularis und eine Reihe kleinerer Hirstammkerne (Locus coeruleus, Raphé-Kerne usw.) als subcorticale
Anteile sowie der orbitofrontale, der vetromediale, der cinguläre und der insuläre Cortex als (allo-)corticale
Anteile. Wenn nun im Folgenden die Bezeichnungen dieser Strukturen im Singular verwendet werden,
darf dabei nicht vergessen werden, dass es sich um paarige, in beiden Hemisphären spiegelsymmetrisch
angeordnete Strukturen handelt.
Der Hippocampus wird von einigen Autoren zum limbischen System gerechnet, hat aber beim Menschen
überwiegend kognitive Funktionen. Er liegt im Bereich des inneren Schläfenlappens, unterhalb des
Seitenventrikels. Auch hier war die Gestalt der Grund für die Namensgebung: Hippocampus bedeutet
Seepferdchen. Diese Struktur hat eine wichtige Rolle bei der Gedächtnisbildung, speziell bei der
Gedächtniskonsolidierung, also der Überführung von Gedächtnisinhalten vom Kurz- in das
Langzeitgedächtnis. Außerdem ist der Hippocampus das Zentrum für das Orientierungs- und
Ortsgedächtnis und er ist ein Neuigkeitsdetektor, indem er Neues als solches erkennt. Am vorderen Ende
des Hippocampus liegt die Amygdala, die wegen ihrer Gestalt auch Mandelkern genannt wird - der
altgriechische Begriff „Amygdalae“ (Singular!) bedeutet ebenfalls Mandel. Sie ist eng mit dem
Hippocampus verbunden.
Sie spielt bei der Steuerung angeborener Emotionen und der emotionalen Konditionierung, besonders
von Angst und Furcht, aber auch bei starken positiven Emotionen eine wichtige Rolle. Ebenso wie der
Hippocampus ist auch die Amygdala bei genauerer Betrachtung aus mehreren Einzelkomponenten
zusammengesetzt, die jeweils unterschiedliche Teilaufgaben übernehmen. Die Amygdala erhält
Informationen von allen Sinnesorganen; Riechinformationen laufen direkt ein, die Signale aller anderen
Sinnesorgane kommen indirekt an, zum größten Teil über den Thalamus und die primären und
sekundären sensorischen Cortexregionen, zu einem kleineren Teil direkt über den Thalamus. Außerdem
erhält die Amygdala Informationen vom Hippocampus und aus dem Frontallappen. Die Amygdala kann
bei Gefahr eine Furchtreaktion auslösen, die wesentlich schneller abläuft als es bei einer bewussten
Wahrnehmung der Gefahrensituation der Fall wäre. Der benachbarte cinguläre Cortex, oder kurz
Cingulum, befindet sich auf der medialen, inneren Seite des Cortex. Er liegt auf dem Corpus callosum
und erstreckt sich in einem Bogen vom vorderen bis zum hinteren Bereich des Großhirns. Der hintere Teil
ist mit Lappen des Isocortex verbunden, dem Frontal-, Parietal- und Temporallappen. Im vorderen
Bereich steht der cinguläre Cortex mit der Amygdala, dem Hippocampus, dem Nucleus accumbens,
dem Thalamus und der Insula in Verbindung. Der cinguläre Cortex ist auf Grund seiner verschiedenen
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