BM – Grundlagen der Neurowissenschaften
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aon gmbh – academy of neuroscience
die Kanalproteine, und Natrium-Ionen strömen ein und Kalium-Ionen strömen aus. Derartig
funktionierende Kanalproteine werden auch als spannungsgesteuerte Ionenkanäle bezeichnet. Dazu
gehören auch eine dritte Sorte, die Calciumkanäle, die sowohl in der Membran des Somas als auch in
den Membranen der Endknöpfchen vorkommen. Eine Spannungsverringerung öffnet die Kanäle, und
Calcium-Ionen strömen ein. Im Gegensatz zu den Pumpenproteinen benötigen die Kanalproteine keine
Energie, denn sie lassen die Ionen lediglich entlang ihres jeweiligen Konzentrationsgefälles die Membran
passieren.
In den postsynaptischen Membranen, also in den Membranabschnitten, die den Endknöpfchen direkt
gegenüberliegen, kommen chemisch gesteuerte Ionenkanäle vor. Auch sie sind im Ruhezustand
geschlossen. Derartige Kanäle besitzen Rezeptorstrukturen, an die Neurotransmitter binden können.
Schüttet ein Endknöpfchen Neurotransmitter in den synaptischen Spalt, dann wandern die Moleküle zur
postsynaptischen Membran der Zielzelle und docken an den Rezeptor an. Daraufhin öffnet sich der Kanal
und ermöglicht einen Ionenstrom, je nach dem, für welche Ionensorte der Kanal spezialisiert ist.
Chemisch gesteuerte, sogenannte ligandgesteuerte oder ionotrope Ionenkanäle haben also die Funktion,
ein durch Neurotransmitter übermitteltes Signal in ein elektrisches Signal umzuwandeln.
3.2
Das Aktionspotenzial
„Aktionspotenzial“ ist eines der Schlagworte der Neurobiologie. Gemeint ist damit ein „Alles-oder-Nichts“-
Nervensignal als schnelle und lokale Veränderung der elektrischen Spannung zwischen der Membran-
Innen- und Außenseite. Diese lokale Spannungsveränderung kann nun das Axon entlang bis in die
Endknöpfchen wandern, in denen das Aktionspotenzial in die Ausschüttung von Neurotransmittern
mündet. Doch der Reihe nach.
3.2.1
Das Aktionspotenzial potenzial
Zur Erinnerung: Ionen sind, dank der Natrium-Kalium-Pumpen, auf beiden Seiten der Nervenmembran so
verteilt, dass die Innenseite um 70 Tausendstel Volt negativer geladen ist als die Außenseite. Anders
formuliert: Das Ruhepotenzial einer Nervenmembran beträgt minus 70 Millivolt.
Wenn ein Nervensignal entsteht – ausgelöst durch Signale anderer Neuronen, die mittels Synapsen
übertragen und über die Dendriten in Richtung Soma einlaufen – zum Axonhügel gelangt, dann verringert
sich, zunächst lokal begrenzt, dort die Spannungsdifferenz zwischen der Innen- und der Außenseite der
Membran. Wird dabei das Membranpotenzial bis zur Erregungsschwelle von minus 50 Millivolt
herabgesetzt, so öffnen sich schlagartig die spannungsgesteuerten Natrium-Kanäle, und zwar diejenigen,
die in Laufrichtung des Signals vor der Stelle der Spannungsänderung liegen. Es strömen Natrium-Ionen
in die Zelle ein, wodurch sich nun auch an diesem Nachbarabschnitt das Membranpotenzial ändert und