BM – Grundlagen der Neurowissenschaften
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aon gmbh – academy of neuroscience
machen, wird u.a. an der Weiterentwicklung von intelligenten Kontrastagenten für die funktionelle
Magnetresonanztomographie gearbeitet. Mit diesen Kontrastagenten könnte – nahezu in Echtzeit – die
Ausschüttung von Neurotransmittern oder auch der aktionspotential-gekoppelte Einstrom von Kalzium in
Nervenzellen des Gehirns verfolgt werden.
Ein anderes Ziel verfolgt das Blue Brain Projekt zur Erforschung des Neocortex auf Zell- und
Synapsenebene. Das Brain Mind Insitut in Lausanne schaffte sich zu diesem Zweck einen der schnellsten
Computer der Welt an, einen Blue Gene Supercomputer mit 360 Teraflops. Von diesem
Hochleistungsrechner erhofft man sich, durch das Studium einer einzelnen kortikalen Säule von 2 mm
Höhe und einem Durchmesser von 0,5 mm mit insgesamt rund 10.000 Neuronen und ca. 108Synapsen
die Funktionen der verschiedenen Transmitter-, Rezeptor-, Synapsen- und Zelltypen in den
Mikroschaltkreisen des Gehirns zu entschlüsseln. Sobald dies gelungen ist, soll das Modell dann auf den
gesamten Cortex mit ca. 1 Mio. kortikalen Säulen übertragen und mit Hilfe modernster Mikroskoptechnik
in echte 3D-Aufnahmen umgesetzt werden. Dieses Projekt wurde vornehmlich von Vertretern der
„künstlichen Intelligenz“ bzw. der theoretischen Neurobiologie konzipiert und gilt unter den experimentell
arbeitenden Neurobiologen als äußerst fragwürdig, insbesondere weil die Tatsache, dass die neuronale
Informationsverarbeitung neben elektrischen maßgeblich auf sehr komplexen chemischen Prozessen
beruht, die bisher niemand hat exakt modellieren können.
Neben diesen Projekten gibt es noch eine Vielzahl weiterer Großprojekte, die im Fokus der Wissenschaft
stehen, unter anderem das US-amerikanische Brain Activity Map Project und das europäische Human
Brain Project. Sie alle hier im Einzelnen aufzuführen, wäre jedoch zu umfangreich und würde den Rahmen
dieses Kapitels sprengen.
Trotz der großen Fortschritte in der Methodenentwicklung und trotz des immensen Erkenntnisgewinns
der letzten Jahre können wir dem Gehirn noch immer nicht beim „Denken“ zuschauen, und wir wissen
noch immer nicht, wo und wie „Bewusstsein“ entsteht. Die Geschichte der Hirnforschung geht weiter...