Grundlagen der Neurowissenschaften - page 28

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BM – Grundlagen der Neurowissenschaften
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aon gmbh – academy of neuroscience
kann aber auch die Synthese eines sekundären Botenstoffs (eines „second messengers“) induzieren, der
dann beispielsweise in den Zellkern der postsynaptischen Nervenzelle eindringen kann, sich dort an
bestimmte Abschnitte der DNA binden und dadurch die Aktivität von Genen beeinflussen kann. Welche
dieser verschiedenen Reaktionen in Gang gesetzt wird, hängt von der Art des Rezeptorproteins ab. Allen
gemeinsam ist, dass sich ihre Effekte langsamer entwickeln als die der ionotropen Rezeptoren. Und im
Falle der Expressionsregulation, also des Eingriffs in die Regulation der Genaktivität, kann die Wirkung
langanhaltende, tiefgreifende Folgen für ein Neuron haben. Ein weiterer wichtiger Effekt ist gegenüber den
ionotropen Rezeptoren und Kanälen die viel größere Signalverstärkung, d.h. kleinste Transmittermengen
können eine große Wirkung hervorrufen.
Niedermolekulare Neurotransmitter werden bevorzugt an direkten Synapsen ausgeschüttet und aktivieren
eher ionotrope oder metabotrope Rezeptoren, die auf Ionenkanäle einwirken. Neuropeptide werden eher
diffus freigesetzt (wir erinnern uns: diese Strukturen heißen Varikositäten) und sie binden eher an
metabotrope Rezeptoren, die über sekundäre Botenstoffe wirken. Niedermolekulare Transmitter dienen
daher vermutlich verstärkt der Übertragung lokal begrenzter, schneller und kurzlebiger Signale in Form
von EPSPs und IPSPs, während Neuropeptide vermehrt räumlich diffuse, langsame und andauernde
Signale vermitteln.
3.3.4
Entfernung der Transmitter
Die Bindung der Neurotransmitter an ihre Rezeptoren ist nur von relativ kurzer Dauer. Sie lösen sich ab,
wodurch die Rezeptorproteine wieder in ihre ursprüngliche Konfiguration wechseln und die Kanalproteine
sich wieder schließen. Damit die Transmitter sich nicht erneut an die Rezeptoren heften und unkontrolliert
ein weiteres Signal auslösen können, werden sie aus dem synaptischen Spalt entfernt. Die beiden
Mechanismen dafür sind der enzymatische Abbau innerhalb des synaptischen Spalts, und die wesentlich
stärker verbreitete Wiederaufnahme (reuptake) der Neurotransmitter durch die präsynaptische Membran.
Eines der bekanntesten abbauenden Enzyme ist die Acetylcholinesterase, die den Neurotransmitter
Acetylcholin abbaut.
Die präsynaptischen Endknöpfchen sind Meister des Recycling: Sowohl die kompletten Neurotransmitter
als auch ihre Abbaufragmente werden aus dem synaptischen Spalt wieder aufgenommen und
wiederverwertet. Auch die Membranabschnitte der synaptischen Vesikel, die ja im Verlauf der Exocytose
mit der präsynaptischen Membran der Endknöpfchen verschmolzen sind, werden wieder nach innen
gestülpt und aus der Membran herausgeschnitten.
Es gibt eine Reihe von neurologischen und psychologischen Erkrankungen, die mit einer Über- oder
Unterproduktion von bestimmten Neurotransmittern in Zusammenhang gebracht werden. Verschiedene
pharmakologische Wirkstoffe setzen daher gezielt im synaptischen Spalt bestimmter Neuronen an. Sie
hemmen dort die Wiederaufnahme oder den enzymatischen Abbau bestimmter Neurotransmitter,
wodurch ihre Verweildauer im synaptischen Spalt erhöht und eine erneute Bindung an Rezeptoren
ermöglicht wird. Andere binden als Rezeptorblocker an die Rezeptoren der postsynaptischen Membran,
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