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FM - Wahrnehmung
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aon gmbh – academy of neuroscience
an einer vorspringenden Knochenleiste, der Lamina spiralis, an. Die laterale Wand ist verdickt und von
zahlreichen Blutkapillaren durchzogen (Stria vascularis). Der von der Reissnerschen Membran und der
Basilarmembran umschlossene Raum wird auch als Skalentrennwand oder cochleäre Trennwand
bezeichnet. Der Basilarmembran sitzt das eigentliche Gehörorgan, das Cortische Organ, auf, welches
nach seinem Entdecker, Alfonso Giacomo Gaspare Graf von Corti, benannt ist.
4.4 Schallleitung
Im peripheren Hörsystem wird das Wellenmuster eines Schallsignals in der Außenwelt erheblich modifi-
ziert. Rumpf und Hals, die Form des Schädels, die Gestalt und Beweglichkeit der Ohrmuschel sowie die
Konstruktion des äußeren Gehörgangs beeinflussen in unterschiedlicher Weise die Schalleitung zum
Trommelfell. So bedingt der Durchmesser des Kopfes winkelabhängige Laufzeit- und Schallpegel-
differenzen der an beiden Trommelfellen ankommenden Schallereignisse, die für die Ortung einer Schall-
quelle genutzt werden können. Die Lokalisationsmöglichkeit wird zudem durch die Konstruktion der
Ohrmuschel erheblich verbessert. Der äußere Gehörgang dient als Resonanzraum mit einer Eigen-
frequenz zwischen 2 und 3 kHz. Eigenfrequenz ist die Frequenz, mit der ein Körper schwingt, wenn er
durch eine einmalige äußere Anregung in Schwingung versetzt wird. Bei Anregung mit einer der
Eigenfrequenz entsprechenden Frequenz kommt es zur Schwingungsverstärkung. Beim erwachsenen
Menschen ist auf Grund dieses Mechanismus ein Schalldruckgewinn bis zu 20 dB bei ca. 2,5 kHz zu
messen. Zu berücksichtigen ist, dass auch die Ohrmuschel durch Resonanz die Übertragung bestimmter
Frequenzen in nichtlinearer Weise modifiziert.
Die auftreffenden Schallwellen induzieren am Trommelfell verhältnismäßig geringe Schwingungsampli-
tuden: bei 1 kHz betragen sie im Bereich der Hörschwelle des Menschen weniger als 10
-10
m (zum
Vergleich: Der Durchmesser eines Wasserstoffatoms beträgt 10
-8
cm). Die Schwingungen des
Trommelfells werden ihrerseits auf die Kette der Gehörknöchelchen übertragen, wobei die Art der
Ankoppelung frequenzabhängig ist. Bis zu einer Frequenz von 2,4 kHz schwingt das Trommelfell wie eine
starre Platte, oberhalb dieser Grenzfrequenz bilden verschiedene Teile des Trommelfells komplexe
Schwingungsfiguren mit Schwingungsbäuchen und Knotenlinien, die den Chladnischen Klangfiguren
ähneln. Dadurch verringert sich die wirksame Fläche des Trommelfells, und der Hammerstiel ist nicht
mehr starr an die Schwingungen angekoppelt. Die Schwingungsenergie wird über den Amboss
schließlich auf die Fußplatte des Steigbügels übertragen, an welche die Perilymphe des Cortischen
Organs angekoppelt ist. Die Hauptfunktion des Mittelohres ist die Impedanzwandlung zwischen dem
luftgefüllten äußeren Ohr und der Schneckenflüssigkeit. Würde nämlich der Luftschall direkt auf das ovale
Fenster treffen, so würden aufgrund der unterschiedlichen Schallkennimpedanzen der Luft im Gehörgang