FM-Wahrnehmung - page 59

FM - Wahrnehmung
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aon gmbh – academy of neuroscience
Es werden mehrere Funktionen der langsamen Bewegungen der Haarzellen diskutiert. Sie könnte zu
einer Optimierung der Verstärkerleistung im Bereich der Bestfrequenz beitragen. Weiterhin kommt eine
Einengung des Dynamikbereichs bei hohen Schalldrücken durch eine aktive Positionseinstellung in
Betracht. Auch die Fähigkeit des Ohres, sich an hohe Schalldruckpegel zu adaptieren, könnte mit den
langsamen Bewegungen zusammenhängen. Einerseits könnte dies eine Schutzreaktion bei
Lärmbelastung sein, andererseits würde der mechanoelektrische Transfer auch bei hohen
Schalldruckpegeln optimiert und dadurch die Detektierbarkeit von Signalen erhalten. Schließlich könnten
tonische Längenänderungen der Haarzellen Volumenänderungen in der Perilymphe und/oder der
Endolymphe soweit kompensieren, dass der cochleäre Verstärker in seinem Optimalbereich arbeitet.
Nach dem bisher gesagten wird auch die massive efferente Innervation der äußeren Haarzellen
verständlicher. Durch Ausschüttung von Transmittern können die Haarzellen beeinflusst werden. Bei den
Transmittern handelt es sich einerseits um Acetylcholin und andererseits um GABA, die eine jeweils
antagonistische Wirkung entfalten. Acetylcholin führt bei seiner Ausschüttung zu einer Erhöhung der
intrazellulären Calcium-Konzentration. Wie oben geschildert, hat dies die (langsame) Kontraktion der
Haarzellen zur Folge. GABA-Ausschüttung hemmt und verlängert die Haarzellen. Weiterhin sind
Neuropeptide immunhistochemisch nachweisbar, deren neuromodulatorische Wirkung aus dem ZNS
bekannt ist. Es sind also zwei Regelkreise ausgebildet, die den Arbeitsbereich der Haarzellen und damit
die mechanoelektrische Transduktion verändern: einer auf der zellulären Ebene und einer auf der Ebene
eines Reflexes, der über das olivocochleäre Bündel läuft.
4.8 Die Kodierung akustischer Signale im Hörnerven
Die Calcium- bzw. spannungsinduzierte Ausschüttung von Transmittern aus den Vesikeln der Haarzellen
löst Aktionspotentiale in den nachgeschalteten afferenten Fasern des Hörnerven aus. Für die
Hörempfindungen sind vor allem die inneren Haarzellen und die Typ-I Fasern bedeutsam. Bei dem
Transmitter handelt es sich um Glutamat. Die meisten Fasern des Hörnerven weisen eine spontane
Grundaktivität auf; diese spontanen Entladungsraten belaufen sich auf 0,5 bis 120 Aktionspotentiale pro
Sekunde.
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