Grundlagen der Neurowissenschaften - page 54

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BM – Grundlagen der Neurowissenschaften
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aon gmbh – academy of neuroscience
Metencephalon aufgewölbt zu einer Struktur, die als Pons oder Brücke bezeichnet wird und den vierten
Hirnventrikel enthält. Auf der dorsalen Seite befindet sich eine sehr prägnante Struktur: das Kleinhirn oder
Cerebellum. Es besteht aus einer Rindenstruktur und „tiefen“ Kleinhirnkernen.
Im Pons befinden sich unter anderem folgende, als Umschaltstationen fungierende Nuclei: Nuclei
cochleares (Umschaltung von Hörnerven), Nuclei motorii (motorische Anteile einiger Hirnnerven), Nuclei
pontis (Relais-Station für Bahnen zwischen Groß- und Kleinhirn), Nuclei vestibulares (Umschaltung der
Bahnen des Gleichgewichtssinns); zu den wichtigsten Kernen des Cerebellumszählen: Nucleus dentatus,
Nucleus globosus und Nucleus emboliformis (Verbindung zum Nucleus ruber des Mittelhirns) sowie der
Nucleus fastigii (Verbindungen zu anderen Kernen und zum Thalamus).
Das Cerebellum wird teilweise von den Okzipitallappen der Großhirnrinde überdeckt. Es ist nach dem
Großhirn der zweitgrößte Hirnteil. Das Cerebellum zeichnet sich durch eine enorme Zelldichte aus. Es
wiegt zwar nur ungefähr ein Zehntel des Großhirngewichts, enthält aber mit rund 30 Milliarden
Nervenzellen nahezu die Hälfte aller Neuronen des ZNS. Das Kleinhirn spielt eine entscheidende Rolle bei
der Feinabstimmung und Koordination von Bewegungsabläufen. Seit einiger Zeit gibt es immer mehr
Hinweise darauf, dass das Cerebellum auch an kognitiven Prozessen beteiligt ist. Morphologisch kann
man eine dunklere Rinde (Cortex) von einer inneren weißen Substanz (Mark) unterscheiden. Die Rinde ist
sehr auffällig gezeichnet, denn sie ist bedeckt mit zahlreichen, parallel von links nach rechts verlaufenden
Furchen. Die Rinde enthält bestimmte Neuronentypen, die charakteristisch für das Kleinhirn sind, wie
beispielsweise die Purkinje- und die Körnerzellen.
6.2.3
Das Mesencephalon
Das wie ein kurzer Stammabschnitt aussehende Mesencephalon wird traditionell in das Tectum (das
Dach) und das Tegmentum (die Boden- und Seitenwand) untergliedert. Mitten durch das Mittelhirn zieht
der Aquaeductus mesencephali, ein Verbindungskanal zwischen dem dritten und vierten Ventrikel. Von
vorn betrachtet fallen große Faserbündel auf, die Großhirnschenkel oder Crura cerebri, die Cortex und
Rückenmark miteinander verbinden und Signale zu bestimmten Nuclei leiten.
Das dorsal liegende Tectum besteht aus zwei Höckerpaaren, wodurch dieser Struktur auch manchmal
die Bezeichnung Vierhügelplatte verliehen wird. Das obere Hügelpaar, die Colliculi superiores, hat visuelle
und visuomotorische Funktionen. Es erhält Bewegungs-Informationen von der Netzhaut und ist an der
Steuerung unbewusster Augenbewegungen beteiligt. Die unteren Hügel, die Colliculi inferiores, sind
Umschaltstationen für Fasern der Hörbahnen, die zunächst zum Thalamus und von dort zum primären
auditiven Cortex weitergeleitet werden.
Im ventral liegenden Tegmentum liegen wichtige Kerne und Kerngebiete, und die Formatio reticularis
erstreckt sich bis hierher. Ein wichtiger Kern des Tegmentum ist der paarige Nucleus ruber, der auf Grund
seines Eisengehalts eine rötliche Farbe hat. Er gehört zum motorischen System und ist Teil einer
neuronalen Schleife zwischen Olive (einem ovalen Kern im Hirnstamm), Nuclei des Cerebellums und dem
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