BM – Grundlagen der Neurowissenschaften
55
©
aon gmbh – academy of neuroscience
Cortex des Kleinhirns. Farbig auffällig ist außerdem das periaquäduktale Grau, eine Ansammlung von
Somata um den Liquorkanal herum. Dieser Bereich ist an der Schmerzunterdrückung und am limbischen
System beteiligt. Der Locus coeruleus der Formatio reticularis befindet sich ebenfalls in der Schnittebene
des Mesencephalons. Er enthält Noradrenalin-produzierende Zellen. Melanin verleiht diesem Kern seine
bläuliche Farbe. Auch die Substantia nigra, die schwarze Substanz, verdankt ihre Farbe dem Melanin. Sie
enthält Dopamin-produzierende Zellen. Die beiden spiegelsymmetrischen Streifen Bestandteil eines
Systems, das Bewegungen koordiniert. Beim Morbus Parkinson sterben diese Zellen, die zu den
dopaminergen Neuronen gehören, größtenteils ab.
6.2.4
Das Diencephalon
Das Zwischenhirn liegt, beim Menschen völlig von den beiden Großhirnhemisphären verdeckt, zwischen
Mittel- und Endhirn. Es besteht aus den drei Hauptstrukturen Epithalamus, Thalamus und Hypothalamus.
Aus funktioneller Sicht ist das Zwischenhirn einer der heterogensten Hirnabschnitte.
Der Hypothalamus bildet den unteren Abschnitt des Diencephalons. Er ist die Zentrale des vegetativen
Nervensystems und stellt daher die wichtigste Schnittstelle zwischen Hirn und restlichem Körper dar. Im
Hypothalamus liegen verschiedene Nuclei, die unter anderem Prozesse wie Hunger und Durst, den
Schlaf-Wach-Rhythmus und das Sexualverhalten regeln. Am Hypothalamus hängt eine der beiden
größten Drüsen des Gehirns, die Hypophyse, die funktionell eng mit den Kernen des Hypothalamus
zusammenhängt. Der Hypothalamus schüttet verschiedene Hormone aus, die ihrerseits in der
Hypophyse die Ausschüttung weiterer Hormone induzieren oder hemmen. Im posterioren Abschnitt des
Hypothalamus befindet sich eine paarige weiße „Verdickung“, der Mammillarkörper oder Corpus
mammillare. Er ist eine Zwischenstation des limbischen Systems, auf das wir in Zusammenhang mit dem
Großhirn noch zu sprechen kommen. Am unteren vorderen Ende des Hypothalamus liegt die
Sehnervkreuzung, das Chiasma opticum. An dieser Stelle werden die Axone, die von den beiden
Netzhäuten kommen, umsortiert. Vor der Sehnervkreuzung enthielt jeder Nerv alle Axone jeweils eines
Auges. Am Chiasma werden nun die Sehnervfasern, die von den linken Hälften beider Augen kommen
und diejenigen, die von den beiden rechten Hälften kommen, zusammengeführt in einen „linken“ und
einen „rechten“ Seh-Trakt oder Tractus opticus.
Der Thalamus besteht aus zwei großen Lappen, die die Seitenwände des dritten Ventrikels bilden. Die
beiden Lappen sind über den Ventrikel hinweg durch die Adhaesio interthalamica miteinander verbunden.
Sie findet sich nur beim Menschen, und ihre Größe kann individuell sehr unterschiedlich sein, sie kann
sogar fehlen. Den Thalamus unterteilt man in drei Etagen mit jeweils sehr unterschiedlichen Funktionen.
Von oben nach unten sind dies der Epithalamus mit der Epiphyse, der dorsale Thalamus (meist einfach
nur als Thalamus bezeichnet) und der ventrale Thalamus, auch Subthalamus genannt.
Der Thalamus enthält zahlreiche wichtige Kerne, von denen die meisten zum Cortex projizieren, und
umgekehrt ziehen vom Cortex Bahnen zu den Nuclei des Thalamus. Zusammen bilden sie das „thalamo-
corticale System“, das aus Milliarden auf- und absteigender Fasern besteht. Einige Kerne sind