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BM – Grundlagen der Neurowissenschaften
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aon gmbh – academy of neuroscience
sensorische Relaisstationen, die Signale von verschiedenen Rezeptorzellen erhalten, sie verarbeiten, und
anschließend bestimmten corticalen Arealen zuordnen.
So ist der seitliche Kniehöcker, das Corpus geniculatum laterale, eine Umschaltstation für Neurone der
Netzhaut; der mittlere Kniehöcker, das Corpus geniculatum mediale, ist eine Umschaltstation der
Hörbahnen, und der Nucleus ventralis posterior ist ein Relais für somatosensorische Neuronen. Der
Nucleus subthalamicus ist die wichtigste Struktur des Subthalamus. Er steht in Kontakt mit den
Basalganglien des Telencephalons und ist an der Bewegungssteuerung beteiligt.
Eine zweite große Drüse gehört ebenfalls zum Diencephalon, die Epiphyse, oder auch Zirbeldrüse
genannt. Sie gehört zum Epithalamus, also zur obersten Lage des Thalamus. Sie enthält sensorische,
neuronale und endokrine Zellen und kann unter anderem die Hormone Noradrenalin und Melatonin in die
Blutbahn freisetzen, letzteres nur bei Dunkelheit. Die Epiphyse ist daher an der Regulation der circadianen
Rhythmik beiteiligt.
6.2.5
Das Telencephalon
Das Großhirn oder Telencephalon stellt mit ca. 80 % der gesamten Hirnmasse den größten Hirnabschnitt
dar und erbringt die komplexesten Leistungen des Gehirns, darunter die bewusste Verarbeitung von
Sinneseindrücken, die Initiierung willkürlicher Bewegungen und komplexe kognitive Prozesse wie
Sprechen, Denken und Lernen. Morphologisch lässt sich das Großhirn, wie auch das Kleinhirn, in die
Hirnrinde und das Hirnmark unterteilen. Die Hirnrinde enthält einen hohen Anteils an Somata, und wird
auch als graue Substanz oder Substantia grisea bezeichnet. Grau wird diese Schicht allerdings erst durch
eine Gewebefixierung mit Formalin. In lebendem Zustand ist die graue Substanz eine eher rosafarbene
Substanz. Das Hirnmark enthält größtenteils myelinisierte Axone und wird daher als weiße Substanz oder
Substantia alba bezeichnet. Sowohl der Cortex als auch das Mark setzen sich aus mehreren
Komponenten zusammen. Die funktionell wichtigsten Bereiche sind der Isocortex, der Allocortex und die
Basalganglien.
Den cerebralen Cortex unterteilt man auf Grund der unterschiedlichen Anzahl der Schichten in den
Isocortex, der aus sechs Schichten besteht, und den drei- bis fünfschichtigen Allocortex. Letzterer setzt
sich wiederum aus drei Hauptbereichen zusammen. Der anterior-ventral gelegene dreischichtige
olfaktorische Cortex, auch Riechhirn genannt, enthält unter anderem auch den Riechkolben (Bulbus
olfactorius) und den Riechstiel (Pedunculus olfactorius). Der limbische Cortex ist bei den Säugetieren auf
Grund der sukzessiven Größenzunahme des Isocortex auf die Innenseite der Temporallappen verdrängt.
Er besteht aus vier vier-bis fünfschichtigen Arealen, dem orbitofrontalen (mit sechsschichtigen Anteilen),
dem ventromedialen, dem cingulären und dem insulären Cortex. Die dritte Komponente des Allocortex ist
der dreischichtige Hippocampus. Manche Forscher rechnen ihn zum limbischen System, mit dem wir uns
an späterer Stelle noch beschäftigen werden. Den größten Teil des gesamten menschlichen Cortex
nimmt der Isocortex ein, der früher fälschlicherweise als Neocortex bezeichnet wurde.